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26.02.2023

Jeeps

Eine leichtfüßige Komödie über einen schwerwiegenden Unterschied (Ein Beitrag von Angelika Pohlert)

Ende August 2022 entschieden wir (der Grundlagenjahrgang der Theaterpädagogischen Weiterbildung) uns dafür, die Komödie Jeeps von Nora Abdel-Maksoud als Abschlussproduktion zur Aufführung zu bringen. Uns gefiel einerseits der bitterböse Humor des Stückes und andererseits aber auch die absurde Grundsituation, in der alle Erbmasse von Gesetzes wegen in einer Lotterie landet und jede*r Bürger*in die gleiche Chance hat, bei einer Erblotterie Erbschaft zu gewinnen.  Erst im Laufe der Produktionsphase wurde uns bewusst, wie heiß dieses Thema auch aktuell diskutiert wird und wie schwer sich die Politik und auch die Gesellschaft mit entsprechenden Gesetzen wie Erbschaftssteuer oder Vermögenssteuer tut. Über das eigene Geld spricht kaum jemand gerne, das finanzielle Polster anderer interessiert dafür umso mehr.

Geld und Vermögen sind in Deutschland ein belastetes Thema: 16% der Menschen in Deutschland leben unterhalb der Armutsgrenze, jedes fünfte Kind wächst in Armut auf. Gleichzeitig besitzen 10% der Gesamtbevölkerung etwa 60 % des gesamten Nettovermögens. 20% besitzen gar nichts. 9% aller deutschen Haushalte besitzt ein Negativvermögen. Ist also ist verschuldet. (Quelle: Hans-Böckler-Stiftung). Die Grenzen zwischen Reichtum und Armut verhärten immer mehr und die Ungleichheit manifestiert sich. Wer in Deutschland vermögend ist, der hat häufig geerbt und kann auf etwas aufbauen: allein in Deutschland werden bis zu 400 Milliarden Euro jährlich vererbt. Nachkommen reicher Familien erben dabei nicht zwingend nur Geld sondern auch bessere Bildungschancen und Kontakte zu den "Einflussreichen" im Land. Doch Erbschaften wie auch das Vermögen in Deutschland sind äußerst ungleich verteilt: Jede achte Erbschaft ist vermögenlos.

Die soziale Herkunft bestimmt in Deutschland in stärkerem Maß über den Schulerfolg als in vielen anderen Ländern, so die aktuelle OECD-Studie. Die Kinder von Eltern mit hohen Abschlüssen erreichen auch deutlich häufiger selbst akademische Zeugnisse als Kinder von Eltern mit geringeren Abschlüssen. Die soziale Durchlässigkeit in den letzten Jahren hat nachweislich abgenommen. Chancengleichheit und Aufstiegsmöglichkeiten nur aufgrund von guten Bildungsabschlüssen und Leistungsbereitschaft scheinen immer weniger zu gelten. Soziale Ungleichheit bewirkt, dass mache bevorzugt und andere benachteiligt werden, die Lebens- und Verwirklichungschancen werden unterschiedlich beeinflusst. Auch wenn die soziale Ungleichheit nicht der einzige Faktor für eine mögliche Benachteiligung ist, ist sie ein sehr offensichtlicher und spürbarer. 

Was macht das mit unserer Gesellschaft? Gibt es einen Ausweg? Wollen wir einmal über Geld, Vermögen, Erbschaft und Chancengleichheit reden? Ganz ohne Krampf? Geht das?

Unsere Inszenierung Jeeps stürzt sich mit Tempo und Witz auf das Thema "Erben". Was uns selbstverständlich erscheint, wird in dieser Inszenierung in Frage gestellt und verunsichert. Die vier Protagonist*innen geraten in turbulente Kämpfe um Besitz, Chancen, Anerkennung, Gerechtigkeit und Glück.